Donnerstag, 19. Dezember 2013

Tatsächlich ... 40!

Ich weiß noch, wie das damals mit zehn, zwölf Jahren war: Die Vorstellung, erwachsen zu sein, endete bei Mitte 20 bis allerhöchstens 30. Das war schon mehr als uralt und jenseits jeglicher Fantasie. Eltern und Großeltern waren natürlich lebende Beispiele dafür, dass es noch älter geht, aber dass man selbst so alt werden könnte ...

Und auf einmal ist man 40. 40! Das (angebliche) Horroralter jeder Frau! Ehrlich gesagt - wie 40 fühle ich mich so gar nicht. Woran liegt das? Bin ich "im Herzen jung geblieben" (blabla)? Oder habe ich im Leben so wenig erreicht, dass ich das Gefühl habe, noch viel zu tun zu haben, erleben zu wollen, sodass es gar nicht sein kann, dass ich schon 40 bin (und vermutlich schon mehr als die Hälfte meines Lebens hinter mir habe)?

Griff ins Bücherregal: Abizeitung, S. 46/47. Dort ein Bild von mir - rauswachsende Dauerwelle, riesige Sonnenbrille auf der Nase. Und daneben meine Selbstbeschreibung. Was ist davon geblieben?

"Zwei Jahre Sprachenschule in Koblenz (Ausbildung als Fremdsprachenkorrespondentin) ..."
Erledigt. Nach zwei Jahren Ausbildung und etwas mehr als fünf Jahren Berufsleben habe ich sogar noch studiert, auch wenn ich mir das zu Abizeiten mangels Ideen, was ich denn studieren könnte, überhaupt nicht vorstellen konnte. Oh, und sogar an einem Fernstudium habe ich mich versucht. Ausbildung: ok, sogar übererfüllt.

"...danach liebend gerne als Beamtin des höheren Dienstes ins Auswärtige Amt oder irgendwo im Ausland arbeiten."
Phhh, von wegen! Immerhin habe ich mehr oder weniger im diplomatischen Dienst gearbeitet: bei der kenianischen Botschaft in Bonn. Aber sonst? Ich habe noch nicht mal versucht, mich beim AA zu bewerben, weil ich davon ausging, dass ich das Einstellungsverfahren eh nicht packe. Beim Vorstellungsgespräch als Saftschubse bei LH bin ich immerhin in die zweite Runde gekommen. Aber so richtig wollte ich den Job ja auch eigentlich nicht, das war mehr eine Notlösung. Und selbst im Studium habe ich es mangels Geld nicht ins Ausland geschafft. Dass ich mich hingegen irgendwann selbstständig machen würde (und das sogar leidlich erfolgreich), hätte ich mir damals überhaupt nicht vorstellen können. Berufsweg: ok, wenn auch ganz anders.

"Traum: In der Altstadt von Nizza wohnen, nicht heiraten (ich lebe mit meinen Kindern lieber alleine), Geliebte reicher Männer (Sex, Kohle und keine Verpflichtungen) ..."
Das ist echt lustig. Und damals einfach ein Ausdruck meines Frusts: keinen Freund, noch nie einen gehabt, keiner in Sicht (sollte sich dann zwar überraschend ändern, aber das ist ein anderes Thema). Und warum Nizza? Das war einfach ein Eindruck aus einem meiner vorherigen Urlaube. Seitdem war ich noch nicht mal mehr in Nizza. Ich sollte mal wieder hinfahren. Was ist geblieben? Ich wohne nicht in Frankreich, sondern wieder am Rhein, ich habe eine Zeitlang in der Altstadt gewohnt und lebe jetzt immerhin in einem denkmalgeschützten Altbau in Luxuslage im sogenannten rheinischen Nizza. Es hat sich also doch irgendwie erfüllt ... Ich bin glücklich verheiratet, habe ein wunderbares Kind und keinen Geliebten. Und ehrlich gesagt vermisse ich auch keinen.

"... und ein Vertrag mit sämtlichen Schokoladenfirmen und Wick."
Ja, Schokolade esse ich immer noch gerne. Wick Wildkirsch in der alten Form gibt es nicht mehr. Da bin ich sehr flexibel geworden.

"Voraussichtliche Todesart: Unfall durch überhöhte Geschwindigkeit."
Wird vermutlich nicht passieren. Ich fahre seit Jahren zwar immer noch gerne flott, aber vergleichsweise moderat.

"Außerdem erfinde ich das Wundermittel gegen Heuschnupfen - aber erst mal Urlaub und Jobben, mit Anja evtl. nach Berlin."
Kein Wundermittel. Der Heuschnupfen ist aber auch nicht mehr so schlimm wie früher. Urlaub in Berlin haben wir damals gemacht - das war klasse (vielleicht sollten wir das noch mal machen?)! Ich glaube, seitdem war ich nur noch einmal in Berlin, und zwar rein zu Recherchezwecken im Verteidigungsministerium. Nein, ich war noch mal da - aber ich weiß gerade gar nicht mehr, in welchem Zusammenhang und mit wem. Shit, ich werde echt alt!

Also - alles ganz anders, aber deswegen nicht schlechter. Dass sich viele Sachen nicht erfüllt haben, lag nicht nur an den Umständen, sondern zugegebenermaßen auch an mir und meiner in mancher Hinsicht übermäßigen Trägheit. Dafür sind manche Dinge viel besser gelaufen als gedacht. Ich sollte weniger selbstkritisch sein. Glück bemisst sich nicht in Auslandsaufenthalten und prestigereichen Jobs. Es ist gut so, wie es ist!